Eirik
Das dumpfe Geräusch, mit dem der Pfeil ins Holz traf, rief unliebsame Erinnerungen in sein Gedächtnis zurück, welche er schnell verdrängte. "Ich wollte sie mitnehmen, aber sie steckte zu fest im Holz als dass ich sie im Sprung hätte mitnehmen können. Und dann ist der Drache aufgetaucht..." erklärte er schlicht. Ihre andere Frage allerdings ließ ihn eine Weile nachdenken. "Sagen wir so, hätte ich nicht so gehandelt, würdest du jetzt auf gar keinen Fall mehr hier stehen. Du hast gesehen, was Floki mit denen anrichtet, die er zu fassen kriegt. Schöne Frauen sind nochmal ein Stück gefährdeter." Erneut schwieg er einen Moment, bevor er leiser fortfuhr. "Du hast meine Schwäche ebenso wenig ausgenutzt wie die eines meiner Freunde. Du hast mir gezeigt, dass du nicht mein Feind bist. Warum sollte ich dich dann nach Valhalla schicken?"

Eirik
Ein Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. Er war sich nun sicher, dass sie ihn nicht erschießen würde und kam langsam auf sie zu, die Axt gen Boden gerichtet. "Wie es scheint, treiben die Götter ihre Spielchen mit uns." bemerkte er leise und richtete den Blick dann auf ihr Gesicht. "Also, bekomme ich meine Axt wieder oder behälst du sie als Andenken an mich für den Fall, dass ich den nächsten Raubzug nicht überlebe?" fragte er, ein wenig scherzend. Etwa fünf Meter von ihr entfernt blieb er stehen und sah sie mehr oder weniger fragend an.

Eirik
Als sie erst einen Schritt zurück trat, wollte er seinen Plan umwerfen und einfach gehen. Doch scheinbar erkannte Brenna, dass es nichts zu befürchten gab und kam auf ihn zu. Etwas zögerlich legte er die Hand um den Stab der Axt, dicht unter dem mit Runen verzierten Blatt. "Danke." sagte er mit einem aufrichtigen Lächeln, bevor er die Axt entgegen nahm und zusammen mit der zweiten Axt an seinem Gürtel verstaute. "Wie denn, wir haben uns ja vorher gar nicht gesehen..."

Eirik
"Danke. Wie gesagt, sie sollen angeblich von meinem Vater sein. Hat dein Jarl sie zu Gesicht bekommen?" Wenn ja, konnte das wohl zu Schwierigkeiten führen. Ob er wusste, dass Eirik sein Halbbruder war? Vermutlich eher nicht, auch wenn es durch das Aussehen alleine nicht zu leugnen war. Noch war Eirik sich nicht sicher, was das geben würde. "Was hätte ich sonst tun sollen? Hätte ich es nicht getan, hätte man das genutzt um mich zu fassen." Ein Lachen ertönte aus dem Unterholz. "Und genau das haben wir getan." erklang die Stimme Ragnars, der hinter einem Baum hervortrat. Sofort zog Eirik seine Äxte, doch es war hoffnungslos. "Gib auf, du bist umstellt. Da können selbst die Äxte eines so großen Mannes wie von meinem Vater dir nicht helfen." kommentierte Ragnar. Tatsächlich traten Männer aus allen Richtungen auf die Lichtung. Panisch sah Eirik sich um und versuchte dann mit aller Kraft, eine Bresche in die Wand der Männer zu schlagen. Doch bevor er einen dritten Mann überwältigt hatte, wurde er von hinten von etwas Hartem am Kopf getroffen und ging zu Boden. "Vielen Dank Brenna, das hast du sehr gut gemacht." hörte er noch Ragnars Stimme, bevor die Welt in Schwärze und Schmerz versank.

Eirik
Das nasse Stroh, auf dem er saß, raschelte, als die Tür aufging. Das plötzliche Licht blendete Eirik und er kniff die Augen zusammen. Er saß mit dem Rücken zur Tür, das entstellte Gesicht auf die Wand gerichtet. Vermutlich kamen seine Häscher, um ihn erneut zu verprügeln oder seine Strafe zu verkünden. Noch hoffte Eirik, dass seine Männer ihn befreien würden. Denn sonst würde er, wenn er leben wollte, seine wahre Gestalt annehmen und fliehen müssen. Doch es war Brennas Stimme, die erklang. "Scher dich zu Hel." brachte er zwischen spröden, aufgeplatzten Lippen hervor. "Ich habe dir vertraut." Seine Stimme wurde leiser, brach. Eirik stieß ein trockenes Husten aus, was in einem scharfen Keuchen endete. "Verzieh dich, bevor ich einen Weg finde, diese Fesseln zu lösen und dir den Kopf abzutrennen." drohte er wütend. Doch es würde nie dazu kommen, dass er seine Drohung wahr machen konnte. Zwei weitere Schatten erschienen auf der Wand und die Männer kamen zu ihm. Mit einem Klirren lösten sie die Fesseln vom Boden und rissen ihn wie einen geprügelten Hund zur Tür. Das helle Tageslicht brannte in Eiriks Augen und auf seinen Verletzungen. Stolpernd und humpelnd folgte er ihnen zu einer hölzernen Plattform, die sie auf dem Dorfplatz aufgebaut hatte. Dort wurde er auf die Knie gedrückt, seine Arme wurden in seltsame Halterungen gedrückt und festgebunden. Mit plötzlichem Entsetzen stellte er fest, was ihm bevorstand. Der Blutadler... Eirik schluckte schwer, was seinen Hals nur noch mehr Brennen ließ. Doch er ließ sich nichts anmerken. Stolz hob er seinen Kopf, um seinem Richter entgegen zu blicken. "Eirik Drakonson, wir bezichtigen dich der Plünderei und Wegelagerei, des Überfalls auf unsere Schiffe, des Mordes an unseren Männern, der Bedrohung unserer Stammesmitglieder und der Geiselnahme einer unserer Frauen. Darauf steht der Tod. Jarl Ragnar hat den Blutadler auserwählt. Hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?" Eiriks Blick fiel auf den langhaarigen Redner. Es war Rollo, Ragnars Bruder. Eirik lächelte und spuckte einen Klumpen Blut in Rollos Richtung. "Ja. Ihr habt die Vergewaltigung einiger eurer Frauen vergessen." kommentierte er grinsend. "Und dennoch begeht ihr einen gewaltigen Fehler." Rollo sah ihn skeptisch an. "Ach ja? Der wäre?" "Ich rede nur mit eurem Jarl darüber." Rollo nickte und gab ein Zeichen. Ragnar trat hinzu, in einer weißen Robe. Man sollte das Blut schön sehen. "Sprich." befahl er kalt. "Ihr bringt euren Halbbruder einfach so um? So hatte ich mir das Familientreffen aber nicht vorgestellt." spottete Eirik und lehnte sich nach vorne gegen die Fesseln. Rollos etwas entsetztem Gesichtsausdruck entnahm er, dass dieser nichts davon wusste. "Hat Ragnar dir nicht erzählt, dass unser Vater fremdgevögelt hat, Rollo?" fragte Eirik amüsiert. Rollo lief rot an. "Bring diesen Wicht um, Ragnar." zischte der Krieger. "Oder ich mache es selber." Ragnar hob beschwichtigend die Hand und trat auf das Holzpodest vor Eirik. "Du wirst es noch bereuen, den Ruf meines Vaters durch den Dreck gezogen zu haben." zischte Ragnar. "Unseres Vaters." korrigierte Eirik grinsend. Ragnar trat hinter ihn und er konnte hören, wie das Messer aus der Scheide glitt. Dann ertönte das Reißen von Stoff und Eirik fand sich oberkörperfrei vor der Menge wieder. Sein Blick schweifte ein letztes Mal und blieb an Brenna hängen. Sie... Sie war Schuld daran, dass hier gleich alles zugrunde gehen würde.

Lagertha
Schweigend beobachtete sie das Geschehen. Als ein lautes Stop erklang, sah sie entsetzt zu Brenna. Was tat sie da? Etwas verständnislos sah sie ihre Schwester an. Die Menge schwieg, scheinbar genauso irritiert. Der Plünderer schüttelte verständnislos den Kopf. Ragnar sah Brenna an. "Einen Handel? Mit einem Wilden?`Das ist, als würde man einem tollwütigen Köter trauen..." gab Ragnar zurück und setzte das Messer auf dem Rücken des Feindes an. Dann hielt er jedoch inne. Er schien sich die Idee nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Er ließ das Messer sinken. Man sah auch, das Eirik darüber nachzudenken schien. "Überlasst uns die Beute unserer Raubzüge gegen Jarl Borg und gebt uns 5 Scheffel Getreide im Monat und wir machen Jarl Borg das Leben zur Hölle." erklang die Stimme des Plünderers, der sich zu Ragnar drehen zu versuchte. Ragnar überlegte noch einen Moment. Dann ging er um seinen Gefangenen herum. "Und woher weiß ich, dass du mich nicht hintergehst?" Eirik zuckte die Schultern. Schweigen breitete sich erneut aus, plötzlich unterbrochen von einem Kichern. Ruckartig blickte Eirik auf. "Floki!" Tatsächlich trat ein Mann ins Sichtfeld, auf dem Dach der Halle stehend. Er hatte nicht mehr allzu viele Haare und war um die Augen herum stark geschminkt. Insgesamt sah er ein wenig ulkig aus. "Ihr habt mein Wort, Ragnar Lothbrok. Das Wort von Floki Skarsgard!" Er kicherte erneut. "Was bist du für ein Wicht?" fragte Ragnar skeptisch. "Floki ist meine rechte Hand. Und ich vermute, er ist hier, um mich zu befreien, sollte der Handel scheitern, richtig?" Floki kicherte erneut. "Neeein, neeein, ich bin hier, um Schädel und Brustkörbe zu spalten. Aber dich zu befreien, steht an zweiter Stelle meiner Prioritäten." Eirik grinste. So kannte er seinen Ratgeber. "Aber der Handel klingt viel besser. Ich hatte ewig kein Brot mehr!" Der scheinbar etwas labile Mann jauchzte vor Freude und sah dann zu Ragnar. "Und, stimmt ihr dem Handel zu?" Ragnar sah zu Rollo und nickte dann langsam, bevor er sich nochmal zu Eirik umdrehte. "Vergiss nicht... Du stehst ab jetzt unter meinem Kommando, Drakonson." sagte er und löste Eiriks Fesseln. "Da muss ich dich leider enttäuschen, Bruder. Ich unterstehe niemandem. Doch ich werde mich an den Handel halten." Etwas ungelenk stand er auf und wank Floki zu, der ihm seine Äxte zuwarf. Ein guter Mann, sein Ratgeber. "Und wenn ich mich nun entschuldigen würdet, ich muss Raubzüge planen." Mit den Worten bahnte er sich seinen Weg durch die Menge, vorbei an Lagertha und ihrer Schwester, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Eirik
Floki und die anderen Männer hatten sich verzogen. Eirik ging alleine in den Wald hinein. Schließlich musste er noch sein Pferd holen, was ja schon seit einigen Tagen im Wald stand. Als er Brennas Stimme hörte, verfinsterte sich seine anfangs recht triumphierende Miene und seine Hand zuckte zu seiner rechten Axt. Doch er blieb nicht stehen. Nie wieder würde er Brenna trauen. Egal, was sie sagte. Sie hatte ihm gerade zwar das Leben in einer gewissen Art und Weise gerettet, doch hätte sie ihn gar nicht erst verraten, hätte er diesen Handel niemals eingehen und so keinen Teil seiner Freiheit aufgeben müssen.

Eirik
Seine Miene wurde immer genervter, während Brenna auf ihn einplapperte. Doch die letzten Worte brachten das Fass zum Überlaufen. "Danke? Wofür denn?" Wütend fuhr er herum. "Für die Tage in einer Scheune, mit nassem Stroh und Tritten ins Gesicht? Für den Handel, der mich meine Freiheit kostet? Ja, vielen Dank!" Der Sarkasmus war in seiner Stimme deutlich zu hören. "Ich glaube dir kein Wort. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht bemerkt hast, dass dich fünfzehn Männer verfolgt haben!" Gut, vielleicht hatte Eirik einfach die Wahrnehmung der Menschen überschätzt, doch dieses Argument war in seinen Augen erstmal wenig stichfest. Er spürte, wie seine Hand verkrampfte und begann rasch, mit der anderen die angespannten Muskeln zu massieren. Sich hier zu verwandeln wäre ganz ganz schlecht.