Lagertha
Brennas Frage stimmte sie nun doch nachdenklicher. "Ich dachte ich hätte ein Schiff..." Und tatsächlich. In dem Moment, in dem sie es aussprach, brach die Nebelwand und ein Schiff kam daraus hervor. Sofort erkannte sie den Mann, der vorne am Hals des Drachen hing, welcher sich am Bug des Schiffes erhob. "Hoffen wir mal, dass er dir noch immer gut gesonnen ist..." murmelte Lagertha leise zu ihrer Schwester, bevor sie sich an die Besatzung wandte. "AN DIE SCHILDE! WIR WERDEN ANGEGRIFFEN!" Mit geübten Bewegungen nahmen die Krieger und Kriegerinnen ihre Schilde von der Reling und bildeten auf Ragnars Befehl einen Schildwall. Lagertha hielt Eirik Drakonson fest im Blick, während dessen Schiff die letzten Meter übrewand und frontal in ihre Backbordseite krachte. Der Schlag erschütterte das Boot. "HALTEN!" befahl Ragnar, als die ersten Männer des Plünderers an Deck sprangen. So konnte er der erste Ansturm abgewehrt werden. Doch Eirik war verschwunden.

Eirik
Als der Nebel sich vor ihm lichtete, erblickte er ein vertrautes Gesicht an Bord. Brenna... Er lächelte weiterhin sein herablassendes Lächeln, doch er wusste, was er nicht zulassen würde. "Die blonde Schildmaid.. Die jüngere. Sie gehört mir!" kündigte er an, bevor er die Aufruhr des Zusammenstoßes nutzte und an dem hölzernen Drachenkopf hinaufkletterte. Von dort sprang er mit einem Satz rüber in das Segel des fremden Schiffes und rutschte daran hinter dem Schildwall zu Boden. Bevor auch nur jemand reagieren konnte, hatte er seine Äxte gezogen und eine Bresche in den Schildwall geschlagen.

Eirik
Natürlich bemerkte genau die Kriegerin, was geschah, die er nicht verletzen wollte. Doch wie immer unterdrückte er seine Gefühle. Er würde das schon geregelt kriegen. "Ach, dieses Mal sogar bewaffnet?" fragte er ekelhaft grinsend und hob seine Äxte. Langsam umkreiste er Brenna, suchte nach einer Lücke. Sobald er sie sah, schlug er blitzschnell zu, während er die andere Axt zu seinem Schutz gegen ihr Schwert wandte. Einen Kampf zu kämpfen, in dem man sein Gegenüber nicht verletzen wollte, war schwerer als Eirik gedacht hatte. Zumal der Blutgeruch und das Tosen der Schlacht um ihn herum sein Blut in Wallung brachte. Kurz zog Eirik sich zurück. Er hatte von seinem ersten Angriff Blut im Gesicht und das drohte, in sein Auge zu laufen, sodass er es kurz wegwischte. Fremdes Blut, nicht sein eigenes. Sein Bart schien ebenfalls voll zu sein. Er fragte sich, ob er furchteinflößend wirkte. Na ja, vermutlich eh nicht so sehr wie der schwarze Drache. Sobald er das Blut fortgewischt hatte, sprang er wieder auf Brenna zu. Er musste sie zügig entwaffnen. Seine Leute brauchten Hilfe. Aus dem Augenwinkel machte er zwei wesentliche Fixpunkte in den gegnerischen Truppen aus - Ragnar und Lagertha. Die beiden kämpften jeweils Rücken an Rücken mit ihren Leuten. Sie waren gut, ohne Frage. Eirik sah Floki, der kichernd einem Mann den Bauch auftrennte. Typisch Floki...

Eirik
Ihr Gegenschlag kam unerwartet, doch er schaffte es, das Schwert mit dem Stiel der linken Axt abzuwehren. Mit einem Schritt brachte er sich hinter ihren Schild, in dem seine zweite Axt noch feststeckte. Mit einem Ruck löste er sie. "Es geht mir hervorragend." bestätigte er und ein leicht wahnsinniger Ausdruck zeigte sich in seinen Augen. Die Zeit lief ihm davon. Mit dem Griff der rechten Axt schlug er auf ihr Handgelenk, die den Schild hielt und den anderen Stil drückte er gegen ihren Hals. So schob er sie zurück, bis ihr Rücken an die Reling stieß. "Jetzt sogar noch besser." Er stand ein wenig über sie gebeugt, die eine Axt gegen ihren Hals gepresst, die andere locker herabhängend. "Du siehst hübsch aus, wenn du wütend bist." bemerkte er dann grinsend. Mit einer fließenden Bewegung hob er die zweite Axt zum Schlag. "Leider..." Weiter kam er nicht. "Noch eine Bewegung und ich spieße dich auf." erklang eine klare Frauenstimme. Lagertha. Sie stand hinter ihm, ihr Schwert auf seinen Rücken gerichtet. Eirik drehte seinen Kopf herum, doch hielt Brenna weiterhin fest. Blitzschnell scannte er das Deck. Seine Leute hatten die Beute bereits rübergeschafft. Floki stand lachend auf der Reling und verhöhnte die Leute auf dem feindlichen Schiff. Seine Crew rief ihn. Er war der letzte an Bord des anderen Langbootes. "Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen. Brenna und ich hatten uns gerade so nett unterhalten." spottete er an Lagertha gewandt. "Ich habe nicht vor, das einfach so harsch zu beenden." Sein Blick wanderte wieder zu seiner 'Gefangenen'. "Leider hast du eine etwas übereifrige Schwester, die scheinbar alles zerstören will." Er zuckte die Schultern und ließ die Axt herabsausen.

Lagertha
Als das Axtblatt mit einem Pfeifen die Luft teilte, schrie Lagertha entsetzt auf und stieß zu. Doch da war niemand mehr. Mit nahezu unmenschlichem Tempo war der Fremde ausgewichen und mit einem Satz über die Reling gesprungen. Man hörte das Platschen unten im Wasser, bevor es elendig still wurde. Lediglich das Vibrieren der Axt, welche zitternd im Holz neben Brennas Kopf steckte, hallte durch die Stille. Tränen traten in Lagerthas Augen und sie warf Schild und Schwert beiseite, um schluchzend ihre Schwester in die Arme zu ziehen. Sie hatte fest damit gerechnet, ihre Schwester nun zu Grabe tragen zu müssen, doch Eirik hatte sie verfehlt!

Lagertha
"Alles gut, alles gut. Es ist nicht deine Schuld." redete sie unter Tränen auf Brenna ein. Immer wieder fuhr sie mit der Hand über die Wange ihrer Schwester. Doch die Gefahr schien noch nicht gebannt. Ein Brüllen erklang. Lagertha zuckte zusammen und hob ihren Schild, um Brenna und sich zu schützen. "DRACHE!" brüllte einer der Männer, als sich ein schwarzer Schatten durch den Nebel bewegte. Er schien aus dem Wasser zu kommen und dann eine Bahn über dem Schiff zu drehen, bevor er an der Nebelgrenze auf Augenhöhe vorbeizog. Lagertha sah seine eisblauen Augen, die zu ihnen hinüber blickten, bevor er Drache in den weißen Schwaden verschwand. Ungläubig sah sie ihm nach. Er hatte sie nicht angegriffen! Und auch das andere Boot war weg. Letzten Endes hatten sie Glück gehabt. Sie hatten vier Krieger und Kriegerinnen verloren und ihre Ladung. Doch ansonsten waren sie wohlauf. Ein Zustand, der bei solchen Situationen nicht selbstverständlich war. Lagertha sah zu ihrem Mann. Mit gerunzelter Stirn und völlig blutverschmiert stand er an der Reling und starrte in den Nebel.

Lagertha
Sorge zeichnete sich auf dem Gesicht der blonden Schildmaid ab. "Das ist doch nicht deine Schuld! Jeder macht mal Fehler! Wichtiger ist jetzt, warum der Plünderer dich verschont hat. Das interessiert mich viel mehr. Nur werden wir es vermutlich nicht herausfinden.." Nachdenklich blickte sie auf den sich lichtenden Nebel. Sie erreichten den Ausgang der Bucht und blickten auf das offene Meer. "Ragnar, fahren wir ohne Gaben gen Norden?" fragte sie ihren Mann, der am Bug des Schiffes stand. Dieser nickte lediglich. Lagertha vermutete, dass er bereits einen anderen Plan hatte.

Eirik
Beinahe lautlos pirschte er durch den Wald. Seine verbliebene Axt hielt er in der Hand, während er sich seinen Weg durch das Unterholz bahnte. Seit dem Verlust der zweiten Axt auf dem Schiff des Jarls passte er besonders auf die Waffe auf. Seine Mutter hatte sie ihm kurz vor ihrem Tod gegeben. Sie waren angeblich von seinem Vater. Ganz sicher, ob er das glauben konnte, war Eirik sich da nicht, doch die Äxte waren sehr kunstvoll verziert, was sie zu etwas besonderem machte. Ein Knacken ließ ihn aufhorchen. Sofort duckte er sich tiefer in das Unterholz. Von der Lautstärke des Geräusches her musste es etwas großes sein. Eirik hoffte auf eine Hirschkuh oder ein Rentier. Seine Männer hatten lange Zeit kein Fleisch gegessen, weshalb Eirik sich aufgemacht hatte, um zu jagen. Im Schatten der Bäume folgte er den Geräuschen. Es schien ein etwas ungeschicktes Reh zu sein, wenn es bei beinahe jedem Schritt Geräusche verursachte. Umso besser, das machte es leichter für den Jäger. Die Bäume lichteten sich und Eirik konnte sein Opfer zwischen den Bäumen erkennen. Nur war es kein Reh, sondern ein Mädchen - Brenna. Und an ihrer Hüfte hing seine Axt. Er richtete sich auf, die rechte Hand mit der Axt locker neben der Hüfte hängend. "Du hast da etwas, was mir gehört." kommentierte er, ohne Begrüßung, ohne sonst was, noch halb im Schatten der Bäume stehend.

Eirik
Dieses Spiel wollte sie also spielen? Er entschied, nicht darauf einzusteigen. "Ja, meine Axt. Ich habe sie von meiner Mutter bekommen, kurz vor ihrem Tod, und würde mich freuen, wenn du sie mir zurück gibst." erklärte er dann schlicht und verschränkte die Arme von der Brust. "Sie sind angeblich von meinem Vater, den ich jedoch nie kennengelernt habe.", fuhr er fort. Er hoffte, durch diese "Masche" ihr den Wind aus den Segeln nehmen zu können und seine Axt ohne eine Auseinandersetzung zurück zu kriegen. Noch konnte er jedoch nicht einschätzen, ob es klappte, oder ob er sich darauf einstellen musste, gleich beschossen zu werden. Sicherheitshalber hielt er sich dicht an einem dicken Baum, um im Ernstfall schnell in Deckung gehen zu können.