Diara

Ein wenig verlegen war Diara nun doch, da sie doch Ogoun und vor allem Benjamin in ein Abenteuer verwickelt hatte, welches überhaupt nicht durchdacht war. Nun ja, bei dem Loa war es nur halb so schlimm, aber der Soldat hatte sich auf eine verpeilte junge Frau eingelassen, welche wortwörtlich mit Geistern sprach und ihn in mehr Gefahr brachte als gedacht. Trotzdem nickte die Mambo und lächelte leicht. "Ja.. also ich meine nein, habe ich nicht, daher wäre das vielleicht nicht übel und sehr nett von dir", antwortete die Haitianerin schließlich und strich sich eine lockige Strähne aus dem Gesicht, während sie draußen stehen blieb und etwas unsicher die Arme verschränkte, während sie auf Benjamins Rückkehr wartete.

Benjamin
Ich lächelte gutherzig und nickte. "Dann warte hier. Ich komme gleich zurück." Ich betrat das Bahnhogsgebäude und trat an einen leeren Schalter. Die Dame betrachtete mich zweifelnd, als ich mein Anliegen erwähnte. "Sind sie sich sicher?" Ich legte den Kopf schief. "Ja, bin ich. Wie viel bekommen Sie denn?" Sie nannte mir den Preis und ich bezahlte. Danach schob sie mir die Fahrkarten zu. Ich bedankte mich und ging zu Diara zurück. "Ich habe die Karten. Der Zug fährt schon in 20 Minuten.", klärte ich sie auf.

Diara

Die junge Mambo erwiderte das Lächeln ehrlich und wartete also, blieb aber ausnahmsweise still. Tatsächlich war sie nun doch ein wenig nervös, denn je länger je mehr wurde ihr bewusst, was sie gerade im Begriff war zu tun. Und vor allem auch, wie gefährlich das werden könnte. Ob sie überhaupt zurückkehren würde? Die Stadt hier je wieder sehn würde? Ob Ben das tun würde? Kurz sah Diara zu Ogoun. Der musste sich mit solchen Gedanken nicht auseinandersetzen. Kurz seufzte sie etwas bekümmert, bevor sie wieder ein Lächeln aufsetzte, als Ben mit den Fahrkarten aus dem Bahnhof kam. "Sehr gut.", erwiderte sie und zusammen gingen die drei zum Bahngleis, wo kurze Zeit später auch tatsächlich einfuhr. Mit großen Augen betrachtete sie kurz wie gebannt die Eisenbahn, bevor Diara einstieg und sich auf eine freie Bank in einem Viererabteil am Fenster niederließ, wodurch sowohl Ben als auch Ogoun noch Platz hatten - wieder verdrängend, dass der Loa ja keinen Sitzplatz brauchte. Diara verschränkte die Finger in ihrem Schoß und sah aus dem Fenster, wirkte noch immer ein wenig abwesend.

Lyra
Schließlich wurden sie reingebeten und Lyra musste sich zurückhalten, nicht gleich aufzuspringen. Den Tadel ihrer Schwester ließ sie wie meistens unkommentiert, das Mädchen hatte immerhin so oder so ihren eigenen Kopf. Auf Neros Worte hin schritt die Dunkelhaarige leichtfüßig über die weißen Linien, auch wenn sie diese genaustes musterte, so wie auch den Rest des Raumes. Ein paar der rituellen Elemente erkannte sie wieder, auch wenn ihre Erfahrungen mit Voodoo natürlich noch nicht so weitläufig waren. Auch sie ließ sich neben ihrer Schwester auf das Kissen nieder und beobachtete wie der Bocor seinem Loa eine Opfergabe darbrachte, denn wie Worte kamen ihr tatsächlich bekannt vor. Sie murmelte ebenfalls etwas auf französisch, ein Spruch um einem Loa eine Art "guten Appetit" zu wünschen, etwas, was ihr eine Voodoo Anhängerin mal erklärt hatte als sie einer Session beiwohnen durfte. Immerhin wollte ein Loa mit Respekt behandelt werden, auch wenn sie diesen nicht sehen konnte. Die Geruche um sie herum nahm die aufmerksame junge Dame ebenfalls wahr, versuchte diese zu selektieren und sich einzuprägen. Wer wusste schon, ob all dies nicht einmal von Nutzen sein würde. Schließlich fragte der Bocor nach ihrem Bruder und bei den Worten ihrer Schwester spürte nun auch die sonst so taffe, kleine Lyra wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Bei dem tränenbenetzten Blick ihrer Schwester griff sie nach deren Hand, drückte diese leicht und sah währenddessen zu dem Bocor, atmete einmal tief ein und aus um ihre Stimme fest klingen zu lassen. "Es ist jetzt schon etwa drei Jahre her, dass Matou geflohen ist und seit dem haben wir nichts von ihm gehört. Wir haben ledlich Anhaltspunkte, dass er hier gelandet sein könnte und haben uns auf die Suche gemacht nachdem.." Sie geriet ins Stocken als sie an ihre Eltern dachte, deren Tod erst etwas über Jahr her war. Dieses Jahr war wohl eines der schlimmsten, denn die Schwestern hatten nicht nur mit dem Verlust dieser zu kämpfen, sondern planten nebenbei ihre eigene Flucht, zu deren Umsetzung es erst ein Jahr später, vor wenigen Wochen, kam. Sie ließ kurz leise, aber zitternd Luft entweichen und fasste sich wieder etwas. "Wie auch immer haben wir nichts außer seinen Namen und dieses Foto." Sie zog erneut wie zuvor das kleine vergilbte Familienporträt heraus, auf welchem die beiden Schwestern und ihr Bruder zu sehen waren und hielt es dem Bocor hin. "Wir wissen nur, dass er mit dem Schiff hier angekommen sein müsste." Sie sah dem weißen Mann in die Augen. "Wir hoffen, dass Sie uns helfen können, Mister." fügte sie leiser hinzu und drückte erneut die Hand ihrer Schwester, auch um sich selbst wohl etwas Mut zu machen.


Ogoun
Während der Knabe die Tickets kaufte ruhte der Blick des Loas auf seiner kleinen Mambo, welche zunehmend nervöser aussah. Er öffnete kurz den Mund für ein paar aufbauende Worte, doch der Loa das Krieges war nicht besonders gut darin, sodass er diesen wieder schloss. In der Regel zerstörte er mehr als das er aufbaute, aber naja, er musste sich wohl oder übel ans Rada-Sein gewöhnen, zumindest solange er hier war. Er schwieg daher also auch wenn er ihren bekümmerten Ausdruck durchaus gesehen hatte und kurze Zeit später stiegen sie schon in den Zug ein. Der Loa hielt kurz inne als die beiden sich setzten, musste fast schon schmunzeln dass Diara scheinbar extra ein Viererabteil aufgesucht hatte und setzte sich dann aber doch neben auf den freien Platz. Das Mädchen sah aus dem Fenster und schien immer noch in Gedanken, sodass der Loa leise seufzte. "Mach dir keine Gedanken, Mambo. Du tust das Richtige." sagte er schließlich ruhig und sein flammender Blick ruhte auf ihr.

Benjamin
Wir gingen zum Gleis und der Zug kam kurz darauf. Schmunzelnd beobachtete ich, wie sie die Eisenbahn bestaunt. War das ihre erste Eisenbahnfahrt? Das könnte gut sein, immerhin waren die Menschen ihrer Hautfarbe oft so benachteiligt, dass sie vieles nicht kannte, was mir direkt wieder leid tat. Im Zug setzte ich mich ihr gegenüber ans Fenster und betrachtete sie ein bisschen. Sie wirkte nachdenklich, aber auch hübsch. Sie erinnerte mich etwas an Belle, wenn diese über die Zukunft nachgedacht hatte. Der Gedanke war schmerzlich und ich sah kurz nach draußen, wo die Landschaft vorbeizog. "Bist du schon mal mit der Eisenbahn gefahren?", fragte ich dann.

Diara

Das Mädchen war so in ihre besorgten Gedanken versunken, dass sie weder bemerkte, wie Bens Blick auf ihr ruhte noch, wie Ogoun seufzte. Erst als letzterer die Stimmer erhob, blinzelte sie und wandte den Kopf zu dem Loa und erwiderte kurz stumm den Blick in seine flammenden Augen. Ihre Mundwinkel verzogen sich nun doch ganz leicht zu einem Lächeln. "Ich hoffe es", murmelte sie leise, bevor schließlich auch Benjamin zu sprechen begann und sie sich nun ihm zuwandte. Als Antwort schüttelte sie erst nur den Kopf. "Nein, das ist das erste Mal", meinte sie schließlich und lächelte nun doch etwas breiter. "Aber ich muss zugeben, es ist eigentlich ganz angenehm." Wieder strich sich die junge Mambo eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich nehme an, dass du schon öfter damit gefahren bist, oder?", fragte Diara nun ihrerseits nach und sah anschließend kurz zu Ogoun. Ob er wohl schon Eisenbahn gefahren war? Ach bestimmt. Oder?

Benjamin
Da lag ich ja richtig mit meiner Vermutung. Es war irgendwie schön mit anzusehen, wie sie diese Zufahrt begeisterte, auch wenn sie nun doch sehr unspektakulär war, aber wenn man etwas zum ersten Mal tat, war es wohl doch immer noch etwas anderes. "Ja, eine Fahrt mit der Eisenbahn ist eigentlich immer recht komfortabel, wie ich finde." Man müsste sich zumindest keine großen Gedanken machen und konnte sich entspannt dahin fahren lassen, wo man wollte. Man durfte nur den Ausstieg nicht verpassen. "Ja, schon ein paar mal. Das erste Mal war ich noch ein kleiner Junge." Ich lächelte. Ich konnte mich nicht mehr ganz daran erinnern, aber wie das als Kind so war, war die Zeit damals noch so unbekümmert und positiver als die jüngere Vergangenheit.

Tamina

Von unserem Bruder zu erzählen war unglaublich schwer, da es nun wieder alte Wunden auf riss, welche sich eigentlich schon wieder geschlossen hatten. Lyra erzählte weiter nachdem mir die Stimme versiegte und Tränen die Oberhand gewannen. Die warme Hand meiner Schwester legte sich auf meine eigene, was mich zum Teil wieder beruhigte und traurig zu ihr rüber lächelte. Sie war schon so groß und erwachsen geworden, manchmal kam mir Lyra sogar Erwachsener vor als ich mir selbst. Sie erzählte Nero weiter von unserem Bruder und rutschte etwas zu ihr rüber, als auch sie merklich stocken musste. Der Verlust unserer Eltern hatte uns hart getroffen, es tat weh daran zu denken, oder es zu sagen. Es war noch so unwirklich.
Nun schaltete sich der Bocore wieder ein und versprach uns Hilfe, meine anfängliche traurige Stimmung wurde von meiner misstrauischen Seite überschattet. "Einen Moment, ihr hattet nicht gesagt, was der Preis ist und was ihr verlangt oder die Geister verlangen. Was ist dieser Preis?", fuhr ich nun dazwischen und musterte den Mann vor uns unnachgiebig. Wenn mich hinter das Licht führen wollte, war er bei mir falsch.

Ogoun

Der Loa bemerkte den Blick seiner Mambo und überlegte kurz. War er schon mal Zug gefahren? Bestimmt irgendwann, aber meistens wurde er gerufen und verschwand kurz danach wieder. Es war ewig her, seit ihn das letzte Mal jemand gebunden hatte und das ihn so zwang, in dieser Welt zu bleiben, zumindest die meiste Zeit, denn seinen Job musste er auch so nebenbei erledigen. Stumm lauschte Ogoun dem Gespräch der beiden, auch wenn die Mambo ihm einen kurzen Blick zuwarf. Doch Ogoun war nie so der gesprächigste Loa gewesen, einfach auch weil es keiner von ihm verlangte. Er war ein Loa der Tat, nicht der Worte. "Für euch Menschen ist es definitiv komfortabler als laufen." stimmte er dem jungen Mann zu, auch wenn dieser ihn gar nicht verstand. "Mal sehen, wie weit wir kommen werden."

Lyra

Das Gesicht der jungen Schwarzhaarigen hellte sich etwas auf als der Bocor davon sprach, dass es kein Problem sein sollte ihren Bruder zu finden. Aufmerksam hörte Lyra zu als er sie relativ kurz über die Gefahren aufklärte und auch den Preis, den es zu entlohnen galt. Egal was es war, Lyra wäre bereit ihn zu zahlen. Welche Chancen hatten die beiden afroamerikanischen ehemaligen Sklavinnen auch sonst? Wieder in die Sklaverei abrutschen? Als billige Prostituierte arbeiten? Lyra erschauderte leicht. Nein, keines davon waren akzeptable Optionen. Und gerade Tamina's trauriges Lächeln bestärkte sie darin, welches sie aufmunternd erwiderte auch wenn es ihr nur mehr schlecht als recht gelang. Im Gegensatz zu ihr selbst stand ihre Schwester der Sache deutlich misstrauischer gegenüber, aber Lyra konnte es ihr nicht verübeln. Diese Vorsicht war es, die ihnen beiden oft einiges an Gefahr erspart hatte, denn die junge Frau war oftmals deutlich risikofreudiger als ihre Schwester. Möglicherweise waren sie deshalb auch so ein gutes Team, denn sie ergänzten sich dahingehend, auch wenn Lyra das nicht so bewusst war. Lyra's Blick wandte sich kurz zu Tamina als diese die interessante Frage stellte und ruhten anschließend auf dem Bocor, seine Antwort abwartend. Lyra war so oder so bereit, Opfer zu bringen.

Die junge Mambo sah fasziniert aus dem Fenster, bevor sie ihren Blick wieder zu Ben wandte. "Da hast du recht. Und vor allem kommt man schnell ans Ziel." Die Haitianerin nickte auf seine nächste Aussage und lächelte leicht schließlich leicht. "Das muss bestimmt ein Erlebnis gewesen sein. Vor allem als Kind" Kurz unterbrach sie sich und sah wieder kurz auf die Landschaft, welche nun vorbeiflog. "Stell dir vor wie lange wir gebraucht hätten, wenn wir bis nach New Orleans hätten laufen müssen", fuhr Diara nun fort und schnaubte leicht amüsiert, auch als Ogoun dies ebenfalls sagte und sah leicht amüsiert zu ihm herüber. Bei seinem nächsten Kommentar runzelte das Mädchen leicht die Stirn. "Was meinst du damit?", hakte sie bei dem Loa nach und sah dann wieder kurz zu Benjamin. Immerhin konnte er ihn ja nicht hören. Diara senkte leicht die Stimme. "Gou meinte grade, dass er sich fragt, wie weit wir kommen", wiederholte Diara immer noch leicht rätselnd, was er meinte.

Benjamin
Ich nickte lächelnd. "Ja, da hast du Recht. Es ist eine wahnsinnig sinnvolle Erfindung." Ein wenig faszinierte mich die ganze Maschinerie dahinter schon. Leider konnte ich mich nicht großartig damit beschäftigen zur Zeit. "Ich muss gestehen, ich erinnere mich nicht mehr wirklich daran.", gab ich ehrlich zu. Es war einfach zu lange her. "Unvorstellbar lange. Das wäre wahrscheinlich wenig effektiv gewesen." Ich grinste schief. Kaum vorzustellen, dass wir solange liefen. Ich war zwar lange Märsche gewohnt, aber es mussten jetzt auch nicht mehr als nötig sein." Der Loa schien sich einzumischen und Diara war glücklicherweise so nett, um mir zu sagen, was er eingeworfen hatte. Dadurch wurde das Gespräch aber auch wieder ernster. "Das werden wir wohl bald herausfinden, aber voraussagen lässt es sich wohl nicht."