Astrid
"Du bist Shiloh?" fragte ich begeistert. "Du bist Meenas Heldin! Und auch ich bin dir zu tiefem Dank verpflichtet. Du hast unserer Schwester das Leben gerettet." Etwas zögerlich ließ ich mich neben ihr nieder. "Ich weiß nicht, ob er dir das vorher gesagt hat, aber er mag dich ziemlich gerne. Du bist nicht hier, damit er dich bloßstellen kann. Ich glaube er hegt insgeheim die Hoffnung, dass du diejenige wirst, die er am Ende des Tages seine Verlobte nennen kann." Ich sah zu meinem Bruder, der von einer Menge Frauen umringt war. Er schien sichtlich überfordert, Doch Takkar war bereits zur Stelle um ihn zu retten.

Astrid
Eilig folgte ich ihr zwischen die Felsen. "Shiloh, warte. Es gibt immer Wege." murmelte ich leise. "Immerhin bist du heute auch hier, das zeigt ja bereits, dass sich die Zeiten ändern." Ich atmete einmal tief durch und sah die andere Frau dann an. Meine Maske nahm ich dabei dann ab. "Ich frage dich jetzt von Frau zu Frau. Raik wird das niemals erfahren, wenn du das nicht willst." Erneut ein tiefes Durchatmen. "Liebst du ihn auch?"

Astrid
Mein Gesicht zeigte einen traurigen Ausdruck. "Meinst du, es gibt wirklich gar keinen Weg?" Klar, man könnte ihren Vater aus dem Weg schaffen, aber ich wusste ja nich, wie sehr sie ihn liebte. Zögerlich zog ich die andere Frau in eine Umarmung. "Du wirst unsere Unterstützung haben, für immer. Das sind wir dir schuldig. Und glaub mir, die Schuld der Anurai ist ein seltenes Gut." meinte ich leise und ließ sie dann wieder los. "Du gehst doch jetzt aber nicht einfach, oder?" fragte ich dann weiter. "Bleib doch bitte wenigstens heute Abend noch."

Astrid
Ich nickte, teils glücklich, teils betrübt. Ich wollte meinem Bruder nicht das Herz brechen, aber ich verstand Shilohs Sorgen. "Ich werde es versuchen." meinte ich dann aber und zog meine Maske wieder auf. "Komm, man wird uns bereits vermissen. Am besten du tanzt erstmal mit einem aus dem Stamm, dann habe ich Zeit, mit Raik zu reden." schlug ich vor, bevor ich zurück zum Festplatz ging und versuchte, mich zu Takkar und Raik durchzumanövrieren.

Raik
Ich hatte mich gerade mit Takkar unterhalten, als ich sah, wie Shiloh immer wieder mit anderen Kerlen tanzte. Augenblicklich loderte sowas wie Eifersucht in mir auf und ich schob mich in die Menge, fest entschlossen, Shiloh wieder zu beanspruchen. Den verwirrten Takkar ließ ich einfach stehen. Sonderlich weit kam ich jedoch nicht. Astrid fing mich ab und schob mich aus der Menge heraus zwischen die Gebäude. "Raik, hör zu. Sie kann nicht die deine sein." sagte meine Schwester. Ich setzte unter der Maske ein beinahe trotziges Gesicht auf. "Wer sagt das? Ich bin der Sohn des Häuptlings, ich kann mir zur Frau nehmen, wen ich will." erwiderte ich entschieden. Astrid schüttelte den Kopf. "Nein, nicht in diesem Fall. Sie ist die Tochter des Häuptlings der Massai. Der wird uns alle umbringen, wenn er davon Wind kriegt." Vorsichtig schob sie meine Maske zurück, bevor sie ihre abnahm. Das half jedoch nicht gegen mein emotionsloses Gesicht. "Sgáthan, bitte!" flehte Astrid. "Sie wollen uns so oder so umbringen. Stellst du die Fähigkeiten unseres Stammes in Frage?" fragte ich fast schon gefährlich leise.

Astrid
Ich hatte einen Fehler gemacht. Raik hatte ein unglaubliches Ehrgefühl und das hatte ich gerade verletzt. "N.. Nein, das tu ich nicht." hauchte ich eingeschüchtert. Noch nie hatte Raik mich so bedrohlich angesehen. "Gut, dann lass mich in Ruhe." befahl er und wollte zurück zum Fest. Ich trat ihm in den Weg. "Raik, das geht nicht!" sagte ich entschieden. "Du kannst sie nicht haben. Sie will dich auch gar nicht." Kurz stand Schmerz in den Augen meines Bruders, dann verblasste dieser im Vergleich zu der Wut, die seinen Platz einnahm. "Du lügst." knurrte er und versuchte, sich an mir vorbei zu schieben. Irgendwas stimmte mir ihm nicht. Normalerweise war er besonnener, ruhiger! Ich musste all meine Kraft aufbringen, um ihn davon abzuhalten, zurück zum Fest zu gehen. Ein tiefes Knurren entkam seiner Brust und er warf mich zur Seite wie ein Spielzeug. Säbelzahn gegen Silberfuchs... Ein sehr ungleiches Gefecht. Mit einem Winseln knallte ich gegen die Hauswand und sah meinem Bruder hinterher, der sich erneut in die Menschenmenge begab. Ein weiteres Knurren ließ mich zusammenfahren. Takkar stieß Raik aus der Menge heraus. Der Puma hatte zwar nicht so viel Kraft wie Raik, aber immerhin mehr als ich. Er brauchte meinen Bruder in eine der Hütten und schloss ab, bevor er zu mir kam. "Was... was ist mit ihm los?" fragte ich leise. Takkar setzte eine schuldbewusste Mine auf. "Ich hab ihm etwas Federkraut ins Bier gemischt, damit er nicht so verklemmt ist..." murmelte der Krieger. Erst wollte ich wütend reagieren, doch Takkar hatte recht. Ohne das Federkraut hätte Raik sich niemals auf das ganze hier eingelassen. Allerdings machte es scheinbar auch reizbar, was bei einem Säbelzahn seiner Größe eher unklug war. Trotz der lauten Trommeln hörte man sein wütendes Brüllen aus der Hütte und wie er sich immer wieder gegen die Tür warf. Glücklicherweise hatte Takkar die Hütte ausgewählt, die normalerweise als Gefängnis fungierte.

Astrid
Ich richtete mich auf, als Shiloh kam. Von dem Zusammenprall mit der Hauswand war mir allerdings immer noch schwummerig, weshalb ich lieber sitzen blieb. "Takkar hat Raik ein Kraut ins Bier gemischt, was lockerer macht. Normalweise. Allerdings scheint es Raik auch sehr reizbar zu machen, weshalb der nicht so ganz bei Sinnen war, als ich ihm erklärt habe, dass du nicht als Frau für ihn in Frage kommst. Und er hat das nicht allzu gut aufgenommen. Generell ist er gerade eher von Instinkten gesteuert." Das passiert eigentlich nie. Normalerweise war mein Bruder immer Herr seiner Emotionen und verbarg einen Großteil davon. Er hatte mir erzählt, wie schwer es ihm gefallen war, Shiloh gehen zu lassen. Und das zeigte sich jetzt durch die Drogen.

Raik
Als ich Schritte vor der Tür hörte, zog ich mich in den hinteren Teil zurück und machte mich bereit, mit Gewalt auszubrechen. Diesen Versuch brach ich schnellstens ab, als ich sah, wer dort vor mir stand. Noch immer hatten meine Pupillen ihre katzenartige Form und auch meine Finger und Zehen waren krallenbewehrt. Das Fell auf meinem Rücken wehrte sich gegen die Schwerkraft und stand gesträubt von meinem Rücken ab. Wirklich beruhigen konnte ich mich allerdings trotzdem nicht. Meine Maske hing nach wie vor um meinen Hals, wo sie mich nicht störte. Ich funkelte Shiloh fragend an. Was wollte sie jetzt? Wollte sie die Lügen meiner Schwester bestätigen?

Raik
Ich schnaubte. "Wir haben so oder so seit Jahren Krieg. Das ist die erste Chance überhaupt so etwas wie Frieden zu bekommen." knurrte ich leise und ballte die Fäuste. Was sie sagte, gefiel mir so gar nicht und das war in meinem aktuellen Zustand nicht gut. Und zwar so gar nicht.