Freya
Nachdem sie sich vergewissert hatte, das ihre Familie wohl auf war und wohl wirklich nur sie das Ziel des Anschlags gewesen war hatte Freya sich in Ihr Gemach zurück gezogen. Nachdenklich saß sie auf dem Bett und grübelte. Sie wusste nicht was sie davon halten sollte. Was hatte dieser Versuch gebracht? Freya hätte sich gut vorstellen können das sie sie als Ablenkung genutzt hätten, doch dem war nicht so.
Sie seufzte leise und versuchte die Nacht wenigstens ein wenig zu schlafen. Wirklich zur ruhe kam sie aber nicht. Immerhin würde sie unter den Umständen die abreise des jungen Lords nicht verpassen. Freya hatte ja ihr Wort gegeben ihn zu verabschieden und sie war nicht dazu geneigt dies zu brechen.
Ziemlich früh am nächsten Morgen war Freya schon auf und hatte sich, noch bevor eine Magd gekommen war um sie zu wecken, gewaschen und gekleidet. Sie saß an ihrem Fenster und sah hinaus. Viel geschlafen hatte sie nicht, doch zu ihrem Glück sah man ihr dies nicht an.

Leaf
Der Weg über die Dächer dauerte ein wenig, doch an der Richtung, die ihr Meister einschlug, ahnte sie, wo es hingehen würde. Tatsächlich hatte sie recht, denn kurz darauf erreichten sie die Gasse mit der versteckten Wand. Blint öffnete sie und sie schlüpfte hinein, dann wurde es wieder dunkel. Sie hörte die üblichen Geräusche, mit denen er die Tür entriegelte und folgte ihm hinein.
Drinnen fiel ihr Blick zuerst auf Mhysa, was sie überraschte. Noch mehr überraschte sie, das die Herrin der Wonnen ihre Kleidung trug, obwohl sie wie immer hübsch darin aussah. Ihr Gesicht dagegen wirkte sehr blass.
Tausende von Fragen rollten ihr über die Zunge, doch die scharfen Wirte ihres Meisters ließen sie schweigen. Sie setzte sich auf die Stuhlkante und wartete auf eine Erklärung.

Leaf
Sie lauschte sowohl den Worten des Blutjungen als auch denen Mhysas. Ohr Stück Brot hielt sie nur umklammert, aß aber nicht davon. Die Herrin der Wonnen tat ihr leid, offensichtlich hatte sie die Begegnung ziemlich mitgenommen, aber sie wusste nicht was sie sagen sollte.
Bei dem Plan, der sich langsam bildete, wurde ihr Gesichtsausdruck immer finsterer und ihre ohnehin schon schlechte Laune sank auf einen absoluten Tiefpunkt.
"Ich wollt mich also einfach wegschicken??" Fragte sie bissig und verletzt und guckte beide böse an. "Einfach so?!"

Leaf
Während Mhysa sprach blickte sie starr zu Boden. Ihre Worte machten Sinn, natürlich, doch das machte diese Ankündigung in keinem Fall besser. Sie wollte nichts mit dem Adel zu tun haben, sie mochte den Adel nicht. Schon allein deswegen, weil sie reich waren, während im Labyrinth täglich Dutzende verhungerten. Und sie wollte auch nicht zu einem anderen Blutjungen. Seit zwei Jahren hatte sie nur wenig Kontakt zu anderen gehabt, hauptsächlich zu Blint, und sie wusste weder wer noch wie dieser Ahren war.
Unglücklich starrte sie auf ihre Füße und ließ die Schultern hängen. Es war sowieso egal was Sie sagte, die Sache stand fest, ihre Meinung zählte ohnehin nicht.
Sie fragte sich, wie Blint unter den Augen des Adels trainieren wollte, doch sie fragte nicht nach. Stattdessen brummte sie leise ohne einen der beiden anzusehen.

Ahren
Nach der Vollendung eines Autrags suchte er nach dem Ursuul. Den ganzen Abend war er mit dem Tod seiner Leiche beschäftigt gewesen und hatte er erwartet würde Raschin an einem seiner gewohnten Plätze sein, aber so war es nicht.
Nach einigem Herumlaufen über die Dächer entdeckte der Blutjunge ihn mit seiner Schwester Khyra.
Mit gerunzelter Stirn bemerkte er schon von weitem die schwache Ausstrahlung Raschins. Er hatte nicht die gewöhnliche, selbstbewusste, arrogante Haltung, die er, wenn er bei seiner Schwester war, an den Tag legte. Das war für den Edeling alles andere als normal.
In Schatten gehüllt kam er über die Dächer näher und bewegte sich mit ihnen mit. An Raschins schonender Armhaltung und dem leicht vorsichtigen Gang erkannte der junge Mann, dass der Ursuul große Schmerzen am ganzen Körper hatte. Er? Er hatte Vir? Wer konnte ihn so zurichten? Woher kamen sie? Ahren blickte sich um und ihm fiel auf, dass sich in der Nähe das Haus der Herrin der Wonnen befand. Waren sie etwa dort gewesen? War auch sie tot, wie der Herr der Fäuste?
Er lauschte, als Khyra stehen blieb und ihren Bruder etwas fragte und auch die weitere Unterhaltung. Durzo Blint hatte eine Lehrling? Und der Lehrling war eine sie? Und irgendetwas wollten sie von ihr?
So ein unvorsichtiges Gespräch hatte er lange nicht mehr gehabt und solche Überraschungen hatte es nie gegeben. Es waren regelrechte Sensationen! Aber wenn es die Khalidori wussten, war das alles andere als gut. Wenn sie etwas planten, war es nie gut. Besonders wenn der Ursuul tatsächlich Gedanken lesen konnte.
Er verfolgte die beiden noch bis sie schlafen gingen, dann jedoch drehte er um und besah sich Mhysas Haus. Alle Bedienstete waren tot, aber das Seltsamste befand sich im Obergeschoss in der Bibliothek. Die Wand war durchbrochen. Die Wand war durchbrochen?!
Aber keine Spur von Mhysas Leichen. Dem Zustand von den Ursuuls und der Richtung, aus der sie kamen, hatten sie keine Leiche entsorgt.
Besorgt verschwand der Blutjunge aus dem Haus und machte sich auf den Weg zu seinem Gebäude. Die ganze Zeit hatte er sich keine Gedanken über sich selbst gemacht, aber jetzt fragte er sich, ob er es nicht verhindern hätte können. Wäre Ahren nur besser und aufmerksamer gewesen, hätten diese Sachen nicht passieren können!
Ok, die Khalidori waren wirklich sehr professionell, aber er war ein verdammter Blutjunge! Ihm sollten keine Fehler unterlaufen und das hier war noch nicht einmal Mord, sondern einfach nur Beschattung!
Ahren nahm sich unter Schuldgefühlen und Ärgernis vor, jetzt noch härter an diesem Auftrag zu arbeiten.

Leaf
Sie beobachtete schweigend, die der Blutjunge auf das Papier kritzelte und fragte sich, was er wohl schrieb. Vermutlich an den anderen Blutjungen, dachte sie bedrückt. Bei seiner Frage hob sie Augenbrauen und blickte zu ihm hoch. Es überforderte sie ein wenig, da sie nicht wusste, wie sie es feststellen sollte.
"Ich bin mir nicht ganz sicher..." Antwortete sie und hob sie Schultern ein wenig. "Ich denke sie ist noch fast voll." Viel gemacht hatte sie damit ja nicht.
Als er dann aber doch nochmal von dem Auftrag sprach, begann ihr Herz wieder zu pochen und die Aufregung kehrte zurück. Mit großen Augen sah ihn sie ihn an. Er nahm sie also doch mit! Dieser Erkenntnis freute sie ungemein.