Eirik
Er schmunzelte, als Brenna so eifrig ans Werk gehen wollte. Der Sattler kramte ein Maßband hervor und reichte es Brenna. Gespannt beobachtete er Eirik. Er schien den Halbdrachen zu bewundern. Eirik sah noch einmal in die Runde und leitete dann die Verwandlung ein. Als erstes verfärbte sich die Haut. Schuppen bildeten sich. Dann begannen Knochen zu knirschen und zu knacken, nahmen andere Formen an. Aus seinem Rücken brachen zwei Flügel hervor und entfalteten sich. Eirik wuchs, bis er die Größe des schwarzen Untiers hatte und die Verwandlung endete. Aus seinen blauen Augen musterte er Brenna und den Sattler, der sichtlich beeindruckt, aber auch angeekelt zu sein schien. "Das klingt ja echt nicht angenehm..." bemerkte er und besah sich den Körperbau des Drachen. "Nun, Brenna, dann nimm mal die Maße bitte."

Eirik
Über seine Schuppen spürte er, wie sie auf ihm rumkrabbelte. Als sie dann wieder vor ihn stand, verwandelte er sich zurück. "Gut, das sollte machbar sein. Irgendwelche speziellen Extras?" fragte der Sattler. "Mach alles dran was dir nützlich erscheint." gab Eirik zurück und grinste. Dann sah er zu Brenna. "Willst du helfen oder lässt du das uns Männer machen?" fragte er und lächelte.

Eirik
Die nächsten Stunden über erklärte Eirik den beiden, was wichtig an einem solchen Sattel war. Er kannte zwar selber nur alte Abbildungen, aber es würde schon klappen. Das Klopfen der Werkzeuge auf hartem Leder begleitete sie durch den Nachmittag und als die Sonne den Horizont küsste, waren sie fertig. "Ausgezeichnet." bemerkte Eirik, als der Sattel so vor ihnen lag. Er war leicht genug, dass Brenna ihn locker auf seinen Rücken werfen konnte, doch stabil und hitzebeständig. An der Seite hatte er Haken für einen Schild, eine Schwertscheide und hinten waren Satteltaschen daran befestigt. Außerdem standen noch leere Gurte zur Verfügung, an denen sie beliebige Gegenstände befestigen könnte. Am Sattelblatt befanden sich Gurte, mit denen Brenna sich am Sattel festbinden konnte. Die Gurte würden ihre Oberschenkel fest an seinem Rücken halten, damit er Fassrollen und Saltos fliegen konnte. Am Sattelhorn fand sich eine Lasche, die sie um ihre Hand wickeln konnte. "Willst du es testen?" fragte er grinsend.

Eirik
"Nachts macht das fliegen eh am meisten Spaß." meinte Eirik und schüttelte kurz seine Arme durch. Dann neigte er den Kopf mit geschlossenen Augen erst nach rechts, dann nach links. Als er die Augen wieder öffnete, waren es die Augen des Drachen. Binnen einer halben Minute stand er vollständig verwandelt vor Brenna und wartete darauf, dass sie ihm den Sattel anlegte.

Eirik
Das Leder des Sattels war ungewohnt auf den glatten Schuppen, doch daran würde er sich noch gewöhnen. Der Sattler war ein Genie. Der Sattelbaum passte genau in die Kuhle zwischen seinen Flügeln und störte keine seiner Bewegungen. Während Brenna auf seinen Rücken kletterte und die Gurte dabei festzog, breitete Eirik die Flügel aus. Sobald Brenna saß, fühlte er, wie die Verbindung zwischen ihnen entstand. Sie drang in seinen Kopf ein und er spürte jede Faser ihres Körpers. Er spürte die Gurte, die ihre Beine an Ort und Stelle hielten, er spürte ihr Herzklopfen -so viel schneller als seins - und er spürte, wie eine Haarsträhne an ihrer Lippe klebte. Sobald sie meldete, dass sie bereit war, faltete er die Flügel zusammen und sprang in die Höhe. Erst, als sein Sprung den Scheitelpunkt von gut 15 Metern Höhe erreichte, breitete er die gewaltigen Schwingen aus und schlug mit ihnen. Dieser einzelne Flügelschlag trug sie gut 30 Meter in die Höhe. Immer wieder schlug Eirik mit den Flügeln, bis sie hoch oben über dem See die Wolken durchbrachen. Er spürte den Wind unter den hauchdünnen Flughäuten, spürte wie warme Luft sie nach oben drückte, während kalte Luft sie fallen ließ. ~Bereit?~ fragte er nach einer Weile.

Eirik
Belustigung schoss durch ihre Verbindung, als er ihre Ahnungslosigkeit spürte. Kurz segelten sie noch durch den nächtlichen Himmel, dann faltete der Drache die Flügel zusammen. Wie ein Stein neigten sie sich der Erde entgegen, während sie in einem waghalsigen Sturzflug auf die Wasseroberfläche zuschossen. Ein minimal ausgeklappter Flügel sorgte dafür, dass sie sich wild um die eigene Achse drehten. Eirik brüllte und Flammen verließen sein Maul, welche in dunkeln, wärmenden Spiralen um seine Flugbahn herum kreiselten. Erst kurz vor der Wasseroberfläche riss er die Flügel wieder auf und spürte den Ruck, der durch seinen Körper lief, als sich die Geschwindigkeit so drastisch verringerte. Mit den Krallen pflügte er durchs Wasser, bevor er sie mit einigen Flügelschlägen wieder in die Höhe katapultierte.

Eirik
Während sie so da hinsegelten, beobachtete Eirik die Umgebung. Er erspähte ein Reh zwischen den Bäumen. Was nun kam, grenzte an Wahnsinn und Eirik war ein solches Manöver lange nicht geflogen. Doch er wäre kein Wikinger, wenn er ein Feigling wäre. Also schoss er auf die Bäume zu, wich mit einer Rolle einem Ast aus, bevor er sich mit schnellen Richtungswechseln einen Weg durch die Bäume bahnte. Zum Glück war der Wald relativ licht. Mit einer Pranke packte Eirik das Reh und landete dann mehr oder weniger elegant, die Pfote auf das Reh gestellt. Blitzschnell schlug er seine Zähne in das Tier und mächtige Kiefer schlossen sich um den Kopf des Rehs. Eirik fraß, vergessend, dass Brenna diesen Anblick nicht gewohnt war.

Eirik
Der Drache hatte gerade das halbe Reh verschlungen, als er Brennas Entsetzen spürte. Ihre Stimme drang an sein Ohr und Eirik hob den Kopf. Langsam drehte er sich um, sah Brenna fragend an. ~Was denn?~ fragte er und drehte den Kopf leicht, um seiner Verwunderung Ausdruck zu verleihen. Der oft von Instinkten gesteuerte Halbdrache verstand ihr Problem nicht. Hatte er etwas falsches getan? Eigentlich nicht, oder? Er hatte doch niemandem weh getan, der ihr etwas bedeutete. Es war doch nur ein Reh.